Jörg Fauser
Das Schlangenmaul
Da sage noch jemand, die deutsche Literatur habe keinen Raymond Chandler. Auch Jörg Fauser beherrschte diesen lakonischen Großstadtton und übertrug ihn auf deutsche Einsamkeit und Niedertracht.
Genauer: Der Roman heißt Das Schlangenmaul und sein Protagonist Heinz Harder. Er ist ständig pleite, hat den überaus freundlichen Steuerfahnder Wiglaff am Hals und bleibt stets beharrlich und unbestechlich. Er führt uns auf seine Art in die Sumpfgebiete der Berliner Republik der Achtziger Jahren. Genauer: In die verfilzten politischen Landschaften zwischen Hannover und Berlin und die zwielichtigen Geschäfte, die sie am Leben halten. Als "Bergungsexperte für aussergewöhnliche Fälle" bekommt er einen Auftrag aus höherem Hause und setzt sich auf die Fährte einer verschwundenen jungen Frau. So hat er schneller als gedacht, nicht nur zwielichte Gestalten, sondern auch die Polizei im Nacken. Aber Auftrag ist Auftrag und der Bergungsexperte mit der untrüglichen Intuition stellt sich unerschrocken den Gefahren und zwingt das Glück auf seine Seite.
Das Schlangenmaul ist genremäßig nicht einzuordnen. Der Roman oszilliert zwischen Krimi, Gesellschaftsroman und Politsatire, der uns immer wieder mit Sätzen wie Pistolenschüsse das höchste Vergnügen bringt. Verdammt gekonnt.
Ralph Segert ° 12. April 2020 ° Rubrik Moderne Klassiker
- Im Web gefunden: Deutschlandfunk: Realität in greller Großaufnahme
- Buchlink zum Verlag: Diogenes Verlag
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