Ratatatam - Literatur aus Vergangenheit und Gegenwart

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Philippe Besson

Hör auf zu lügen

Buchcover

Beim Stöbern in einer Buchhandlung zog ich das Buch aus dem Regal und las die erste Seite. Dann las ich sie noch einmal leise mir selbst vor, um zu hören, ob es wirklich ein so wunderbarer Rhythmus ist.

Hör auf zu lügen ist eine bewegende Geschichte, die mit zwei Schülern beginnt, die Anfang der Achtziger Jahre in der französischen Provinz leben. Sie spüren ihre Zuneigung und die Lust aufeinander. Sie leben sie heimlich und in vollen Zügen aus, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Mit Ende des Sommers und der Ferien nimmt die Liebe ein abruptes Ende. Fortan gehen beide getrennte Wege. Thomas geht den Weg der gesellschaftlichen Erwartungen, während Philippe sich seinem Schwulsein stellt. Doch Philippe kann diese Zeit nicht vergessen, Thomas bleibt ihm in seinen Erinnerungen gegenwärtig. Die Jahre vergehen, ohne dass sich die Hoffnung auf eine Wiederbegegnung und Aussprache erfüllt. Bis er dem Sohn von Thomas begegnet und erfahren muss, dass seine Jugendliebe den Weg der Verleugnung gegangen ist, der ihn in den bitteren Tode führte.

Philippe Besson hat sich mit der poetischen Kraft der Sprache seinem Schmerz gestellt, der unstillbar schien. Zwar kann die Sprache keine Wunden heilen, aber sie kann den Schmerz lindern, kann ihn begreifbarer machen und somit den Umgang mit ihr erleichtern und somit auch tröstend wirken. Das gibt uns – neben der berührenden Geschichte – dieser intensive Text mit auf dem Weg. Hör auf zu lügen hat lange nachgewirkt in mir und tut es noch.

Ralph Segert ° 25. März 2020 ° Rubrik Gegenwartsliteratur